Insel Gruppe schreibt Verlust von CHF 80 Mio. und beabsichtigt, die Standorte Tiefenau und Münsingen zu schliessen

Die Insel Gruppe schreibt im Jahr 2022 einen Konzernverlust von CHF 80.0 Mio. (Vorjahr: Konzerngewinn CHF 25.3 Mio.). Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) beläuft sich auf CHF 35.0 Mio. (Vorjahr: CHF 122.8 Mio.). Dies entspricht bei einem Umsatz von CHF 1.8 Mrd. einer EBITDA-Marge von 2.0 % (Vorjahr: 6.9 %). Im Spitalbetrieb resultiert ein Verlust von CHF 73.4 Mio. Angesichts der aktuellen Herausforderungen beabsichtigt die Insel Gruppe die Angebote zu konsolidieren und die beiden Spitäler Tiefenau und Münsingen zu schliessen. Die Insel Gruppe startet das gesetzlich vorgeschriebene Konsultationsverfahren.

Im Jahr 2022 wurden in der Insel Gruppe 59'735 akutstationäre Patientinnen und Patienten behandelt (Vorjahr: 61'942). Dies entspricht einer Abnahme um 3.6 % gegenüber dem Vorjahr. Der Schweregrad (Case Mix Index) stieg von 1.379 auf 1.394. Die Anzahl ambulanter Konsultationen stieg im Vergleichszeitraum von 910'529 auf 928'830 (+ 2.0 %).

Der Hauptgrund des Rückgangs in der stationären Versorgung liegt in den Kapazitätseinschränkungen in Folge des Fachkräftemangels. Dabei wurde die Situation zusätzlich durch Covid-19 verschärft: Im Frühjahr 2022 wurde in der Insel Gruppe die Höchstzahl an positiv getesteten Patientinnen und Patienten seit Ausbruch von Covid-19 verzeichnet. Auch die Anzahl der erkrankten Mitarbeitenden erreichte den Höchststand. Als Folge davon verschärften diese Absenzen die ohnehin angespannte Personallage und führten zu Kapazitätseinschränkungen im Spitalbetrieb. Eine Rückkehr zum Leistungsniveau auf das Vor-Pandemie-Niveau war damit nicht möglich.

Für das Jahr 2020 entschädigte der Kanton Bern einen Teil der Covid-19-bedingten Minderleistungen. Für die Jahre 2021 und 2022 wurden bzw. werden keine entsprechenden Finanzmittel mehr zur Verfügung gestellt.

Dr. med. h.c. Uwe E. Jocham, Direktionspräsident Insel Gruppe, erläutert: «Das Jahr 2022 war für uns in verschiedener Hinsicht eine grosse Herausforderung. Wir haben momentan zu wenig Fachkräfte im Pflegebereich, um alle unsere Betten betreiben zu können. Das wirkt sich sowohl auf unsere Finanzen als auch auf die Belastung bei unseren Mitarbeitenden aus. Hinzu kommt eine schwierige Tarifsituation, da weder die Verbesserung der Anstellungsbedingungen noch die allgemeine Teuerung in den Tarifen abgebildet sind.»

Spitäler Tiefenau und Münsingen sollen geschlossen werden

Die Insel Gruppe geht davon aus, dass sich der Fachkräftemangel aufgrund des zu erwartenden demographischen Wandels zusätzlich verschärfen wird. Sie beabsichtigt deshalb, die Standorte Tiefenau und Münsingen zu schliessen, um damit die verfügbaren personellen Ressourcen besser zu bündeln und gleichzeitig die finanzielle Situation zu verbessern. Die medizinischen Angebote der Standorte Tiefenau und Münsingen sind an den anderen Standorten der Insel Gruppe weiterhin sichergestellt. Prof. Dr. iur. Bernhard Pulver, Verwaltungsratspräsident Insel Gruppe, sagt: «Wir müssen unsere Angebote und Standorte konsolidieren. Nur so können wir unser Personal bestmöglich einsetzen und unseren Patientinnen und Patienten weiterhin gute Medizin bieten. Klar ist aber: Werden die Tarife für unsere medizinischen Leistungen nicht angepasst, sind künftig weitere einschneidende Angebotsanpassungen unumgänglich.» 

Der Standort Münsingen soll per Ende Juni 2023 geschlossen werden, der Standort Tiefenau per Ende Dezember 2023. Die geplante Schliessung betrifft rund 1000 Mitarbeitende. Eine überwiegende Mehrheit der Mitarbeitenden soll an den Standorten Inselspital, Aarberg, Belp, Heiligenschwendi und Riggisberg weiterbeschäftigt werden. Für besonders vom Fachkräftemangel betroffene Funktionen (insbesondere diplomierte Pflegekräfte, Fachangestellte Gesundheit) wird ein neues Stellenangebot innerhalb der Insel Gruppe garantiert. Für rund 400 Personen mit anderen Funktionen werden individuelle Lösungen innerhalb der Insel Gruppe (im Rahmen der offenen Stellen bzw. der natürlichen Fluktuation) oder auf dem Arbeitsmarkt gesucht. Kündigungen werden bei einem Teil dieser 400 Personen nicht vermieden werden können – aktuell gehen wir von rund 200 Kündigungen aus. Für die betroffenen Mitarbeitenden kommt der bestehende Sozialplan der Insel Gruppe zur Anwendung. Die Angaben gelten vorbehältlich des Ergebnisses des gesetzlichen Konsultationsverfahrens, welches voraussichtlich bis Ende April 2023 läuft.

Weitere Massnahmen

Parallel zu den geplanten Schliessungsvorhaben werden die Kapazitäten im Notfallzentrum und im Operationsbereich des Inselspitals erhöht. Zur finanziellen Entlastung wird die Insel Gruppe das Investitionsprogramm der nächsten Jahre deutlich reduzieren und auf einzelne Investitionsvorhaben gänzlich verzichten. Das geplante neue Service- und Logistikgebäude (Inselcampus Baufeld 4) wird aus dem Investitionsplan gestrichen. Insgesamt werden in den nächsten Jahren Einsparungen von über CHF 200 Mio. realisiert.

Die strategischen Hauptinvestitionsvorhaben sind zu einem Grossteil bereits getätigt bzw. von den Investitionskürzungen nicht betroffen. Im September 2023 wird auf dem Inselcampus das Anna-Seiler-Haus als neues Hauptgebäude den Betrieb aufnehmen und neue Potenziale eröffnen. Parallel dazu wird die Digitalisierung der Insel Gruppe im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten zur Einführung des neuen Klinikinformations- und Steuerungssystems (KISS) von Epic vorangetrieben. Der Go-live wird im Frühjahr 2024 stattfinden.